Forschung mit genetischen Ressourcen - das Nagoya-Protokoll

Das Nagoya-Protokoll legt verpflichtende Regeln für den Zugang zu genetischen Ressourcen und damit verbundenem traditionellen Wissen fest und definiert Regeln für den fairen und gerechten Ausgleich von Vorteilen aus der Nutzung. Es setzt die Zugangs- und Nutzenbeteiligungspflichten des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) um und ist in Deutschland zum 12.10.2014 in Kraft getreten.

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FAQ zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls an der LUH

  • Was ist der Zweck des Nagoya-Protokolls?

    Das Nagoya-Protokoll wurde auf der 10. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Biodiversitätskonvention verabschiedet, um einen gerechten Vorteilsausgleich für die Nutzung (einschließlich Beforschung) genetischer Ressourcen sicherzustellen. Dabei sollen die Belange der Ursprungsländer der Ressourcen einerseits sowie der Länder, in denen die Ressourcen verwertet werden, andererseits in Einklang gebracht werden. Der gebräuchliche englische Begriff hierfür ist "Access and Benefit Sharing", abgekürzt ABS.

    Ein weiteres Ziel der Übereinkunft ist die Bewahrung und nachhaltige Nutzung von Biodiversität.

  • Für wen ist das Nagoya-Protokoll relevant?

    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an nicht-menschlichen genetischen Ressourcen oder darauf bezogenem traditionellem Wissen forschen, müssen das Nagoya-Protokoll kennen. "Genetische Ressourcen" werden in diesem Kontext als genetisches Material von tatsächlichem oder potenziellem Wert definiert, solange dieses pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder sonstigen Ursprungs ist und funktionale Erbeinheiten enthält. Hierunter fallen z.B. Tiere und Pflanzen oder Teile von ihnen, Saatgut, Setzlinge, Pilze, Bakterien und andere Einzeller, genauso wie Zellkulturen, Spermien, Eizellen, Chromosomen und DNS.

    Genetische Ressourcen des Menschen fallen nicht unter das Protokoll.

  • Wie werden die Bestimmungen des Nagoya-Protokolls in Deutschland formal umgesetzt?

    Deutschland hat sich 2016 per Gesetz verpflichtet, das Nagoya-Protokoll und die darauf bezogene, EU-weit geltende Durchführungsverordnung (EU) 511/2014 umzusetzen.

    Das bedeutet: Wenn Sie in Deutschland an genetischen Ressourcen forschen wollen, die aus einem anderen Land stammen, müssen Sie überprüfen, ob dieser Staat eigene Regelungen zum Access and Benefit Sharing (ABS-Vorschriften) getroffen hat, und ob Ihre Forschung unter diese Regelungen fällt.

    Ist dies der Fall, so sind Sie verpflichtet, vor Projektbeginn den ABS-Prozess gemäß der Vorgaben des Ursprungslands der genetischen Ressourcen zu durchlaufen. Dies kann bedeuten, dass Sie einen Vertrag mit den nationalen Behörden über den Zugang zu dem Material oder seine Nutzung abschließen müssen.

    Unabhängig von den spezifischen ABS-Regelungen des Ziellands sind Sie zusätzlich qua EU-Verordnung an Sorgfältigkeitspflichten gebunden, sofern das Ursprungsland der Ressourcen ein Vertragsstaat des Nagoya-Protokolls ist: Sie müssen dann dokumentieren, dass Sie sich nach bestem Wissen bemüht haben, die entsprechenden Informationen mit Bezug auf ABS zu erhalten und auf dieser Basis Entscheidungen getroffen haben. Bei drittmittelfinanzierten Projekten müssen Sie während der Projektlaufzeit außerdem Sorgfaltserklärungen (Due Diligence Declarations) abgeben. Dafür müssen Sie einen Zugang zu dem von der EU verwalteten DECLARE-Portal einrichten.

  • In welchen Fällen kommen die Bestimmungen des Protokolls konkret zum Tragen?

    Ob die Bestimmungen des Nagoya-Protokolls bei Ihrer Forschung zur Anwendung kommen, hängt von folgenden Faktoren ab, die in jedem Einzelfall zu überprüfen sind:

    • die Art von biologischem Material, das verwendet wird
    • seine Herkunft
    • der Zeitpunkt der ursprünglichen Entnahme sowie
    • die Art der Forschung, die damit durchgeführt wird.

    Eine detailliertere Checkliste finden Sie hier  auf den Seiten des Nagoya Protocol-Hub.

  • Meine Forschung fällt vermutlich unter die Regelungen des Protokolls - was muss ich jetzt tun?
    • Kontaktieren Sie die für ABS zuständige Behörde im Bereitstellerland und klären Sie, was notwendig ist, um Zugang zu den benötigten Ressourcen zu bekommen, und wie die Nutzung ablaufen kann. Wenn es keine ABS-Vorschriften gibt, müssen Sie nichts weiter tun.
    • Sollten die ABS-Regelungen Gebühren für die Nutzung der genetischen Ressourcen beinhalten, klären Sie mit dem Fördergeber ab, ob diese im Rahmen der Projektförderung übernommen werden können.
    • Dokumentieren Sie sämtliche Schritte, die Sie bezüglich ABS-Regelungen unternommen haben, sodass diese auch nach Ihrem eventuellen Ausscheiden aus dem Projekt oder bei Weitergabe des betreffenden biologischen Materials an andere Personen oder Einrichtungen transparent sind (Aufbewahrungsfrist: 20 Jahre!). Dazu gehören u.a.: Einverständniserklärung des Bereitstellerstaates zur Durchführung der Forschung, Vertrag über die Nutzung der genetischen Ressource, Vertrag zum Transfer von Material, Certificate of Compliance.
    • Dokumentieren Sie auch Metadaten zur beforschten genetischen Ressource selbst, ihrer Aufbewahrung, Nutzung, Sicherung etc.
    • Bereiten Sie die Sorgfaltserklärungen vor, die Sie nach Beginn des Projekts und vor seinem Ende über das EU-Portal DECLARE einreichen müssen. Sie werden vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) überprüft.
  • Wer ist an der LUH für die Einhaltung der Bestimmungen des Protokolls zuständig?

    An der Leibniz Universität sind grundsätzlich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst dafür zuständig, die Regelungen des Nagoya-Protokolls einzuhalten. Die Hochschulleitung stellt dafür auf dieser Seite Informationen rund um das Verfahren bereit und wird zeitnah eine Anlaufstelle einrichten, die in Zweifelsfällen Entscheidungshilfe bietet.

  • Warum ist es wichtig, die Regelungen des Protokolls einzuhalten?

    Die Nichtbefolgung von ABS-Regelungen kann je nach Regelung der Bereitstellerstaaten ordnungsbehördliche Konsequenzen haben, die etwa ein Forschungsverbot in dem betreffenden Staat bedeuten können.

    Verstöße gegen die europäischen und deutschen Umsetzungsakte des Nagoya-Protokolls können in der Beschlagnahmung des biologischen Materials und der Untersagung der Nutzung münden. Es kann außerdem ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro verhängt werden.

    Weitere nicht-materielle Schäden, die aus der Sanktionierung von Verstößen gegen das Nagoya-Protokoll resultieren können, sind Reputationsschäden sowie eingeschränkte Kooperations- oder Publikationsmöglichkeiten.

  • An wen kann ich mich bei Fragen wenden?

    Der German Nagoya Protocol HuB in Braunschweig berät Nutzer genetischer Ressourcen umfassend zu den Regularien. 

    Auch das Bundesamt für Naturschutz bietet Beratung und verschiedene Veranstaltungen zum Nagoya-Protokoll an. 

  • Muss ich das Nagoya-Protokoll berücksichtigen, wenn ich in einer Publikation ausschließlich für z.B. writing, editing, data curation etc. verantwortlich bin?

    Wenn Sie Co-Author einer Veröffentlichung sind, in der genetisches Material verwendet wurde, müssen sie sicherstellen, dass das Material von der Person, die die Analyse durchgeführt hat, rechtmäßig erworben wurde. Es spielt keine Rolle, ob die Arbeit im eigenen Labor oder anderswo durchgeführt wurde.

  • Wie kann ich vorgehen, wenn ich die ABS-Portal gelistete Ansprechperson im Bereitstellerstaat nicht erreiche und kein Zertifikat bekomme?

    Wenn nicht klar ist, ob ein Land über ABS-Gesetze verfügt oder Ansprechpersonen nicht erreicht werden, sollten Sie alle von Ihnen unternommenen Schritte dokumentieren. Im Zweifelsfall schauen Sie sich nach einer anderen Bezugsalternative um. Eine Risikobewertung auf Nutzerseite wird empfohlen.

  • Muss für jede genetische Ressource ein eigenes offizielles Formular ausgefüllt werden oder reicht eine persönliche Dokumentation?

    Wenn während einer Feldkampagne viele Organismen gesammelt werden, gilt eine Genehmigung für alle Organismen. Es sind keine Einzelgenehmigungen für Organismen erforderlich.

  • Was ist zu beachten, wenn ab einem bestimmten Punkt der Herkunftsweg der Ressource nicht weiter zurückverfolgbar ist?

    Wenn das Material vor Inkrafttreten des Nagoya-Protokolls (12.10.2010) und dem CBD-Übereinkommen (vor 1993) gesammelt wurde und das Herkunftsland unbekannt ist, ist dies unproblematisch. Bei Material, das nach dem 12.10.2014 gesammelt wurde, sind Nachweise über Herkunftsland und die Einhaltung der ABS-Richtlinien notwendig.

  • Was ist zu beachten, wenn eine genetische Ressource zwar in einem Nagoya-relevanten Ursprungsland isoliert wurde, diese aber auch in anderen Ländern z. B. in Deutschland vorkommt??

    Wenn der Stamm auch in Deutschland vorkommt, verwenden Sie bitte diesen und nicht den Stamm aus dem Ausland. Damit erhalten Sie Klarheit über die Herkunft. Alternativ können Sie den Stamm aus einer registrierten Sammlung beziehen, die garantiert, dass die Stämme legal erworben wurden.

     

     

  • Fallen Gebühren für eine ABS-Genehmigung an?

    In manchen Fällen müssen Gebühren entrichtet werden, wenn ein Antrag auf eine ABS-Genehmigung gestellt wird. Im Idealfall sollte dies transparent und auf der Website der verantwortlichen Behörde gelistet sein. Sollten Gebühren anfallen, überprüfen Sie bitte, ob diese über Ihre Förderung übernommen werden.

  • Benötige ich einen Nachweis, dass ABS-Gesetze nicht auf meine Forschung zutreffen?

    Wenn Ihre Forschung außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 liegt, müssen Sie dies nicht explizit beweisen.

    Es kann jedoch sinnvoll sein, den Zeitpunkt der Probenentnahme oder den Zugang zum Material im Bereitstellerland sowie Kopien von Schriftwechsel oder anderen Aufzeichnungen aus denen es hervorgeht, dass Ihr Material nicht unter die ABS-Verpflichtungen fällt, zu dokumentieren. Wenn das Bundesamt für Naturschutz (die zuständige Behörde in Deutschland) eine Nutzerkontrolle durchführt, ist es gut, wenn Sie entsprechende Nachweise bereithalten können.

Ansprechperson an der LUH

Dr. Sonja Detay
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Welfengarten 1
30167 Hannover
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