Erfahrungsbericht: Digitales Lehramtspraktikum in England

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Kathrin hat für zwei Monate ein digitales Praktikum an einer Schule in England absolviert. In diesem Bericht erzählt sie von den Herausforderungen sowie Bereicherungen des digitalen Auslandspraktikums.

DIE PRAKTIKUMSEINRICHTUNG:

Ich habe mein Praktikum im Zeitraum vom 19. Mai 2021 bis 21. Juli 2021 an der Caistor Grammar School in Caistor, Lincolnshire absolviert. Knapp 700 Schüler*innen im Alter von 11 bis 18 Jahren besuchen die Schule. Gegründet im Jahr 1630 etablierte sich die Schule unter dem Motto „Evert o Excel“ im Laufe der Jahre zu einer der bekanntesten und renommiertesten Schulen in der Region East Midlands.

Die Schule unterrichtet die Schüler*innen der Jahre 7 bis 9 nach dem vorgeschriebenen Plan in den Grundfächern, sowie Programmieren, Kunst, Musik, Design und Technologie und politische Bildung. In der 7. Klasse können die Schüler*innen sich zwischen Deutsch und Französisch als erster Fremdsprache zu wählen. In der 8. Klasse können sie zwischen Latein und Deutsch als zweiter Fremdsprache wählen. In flexiblen Programmen werden die Schüler*innen auch in der Entwicklung ihrer Persönlichkeit, dem sozialen Zusammenleben und Gesundheit unterrichtet. In der 10. Klasse wählen die Schüler*innen ihre GCSE (General Certificate of Secondary Education) Fächer. Sie wählen insgesamt 10 Fächer an, in denen sie später geprüft werden. Für die A-levels wählen die interessierten Schüler*innen dann drei Fächer, in denen sie geprüft werden. Manche Schüler*innen dürfen ein viertes Fach anwählen. Die Fächer sollen dabei vor dem Hintergrund von Spaß am Fach, persönlichem Interesse, Karriereinteressen und eigener Kompetenz im jeweiligen Fach ausgewählt werden. An außerunterrichtlichen Aktivitäten bietet die Schule unter anderem Brettspiele, Schach, Badminton, einen Buch Club, einen Kammer Chor, eine Hausaufgabenbetreuung und einen Garten Club an. 

Da ich aufgrund der Visaregelungen im Zuge des BREXITS und des daraus entstandenen organisatorischen Chaos sowie der unklaren Situation der Corona Pandemie, war es mir nicht möglich, ein Visum zu erhalten. In Absprache mit ERASMUS, der Schule und der Zentralen wissenschaftlichen Einrichtung für Lehrer*innenbildung (ZeWiL) der Universität Göttingen, wurde eine Onlinelösung ausgearbeitet.

 

MEINE AUFGABEN:

Im Normalfall hätte ich alle Klassen bis hin zu den A-Level Kursen besuchen, kennenlernen und unterrichten können. Ursprünglich geplant war, dass ich unter anderem die Vorbereitung auf die Sprechprüfung in den A-Levels in Form einer außerunterrichtlichen AG übernehme. In den anderen Klassen hätte ich im größtenteils Deutsch unterrichtet. Entweder alleine oder im TeamTeaching mit der verantwortlichen Lehrkraft. Des Weiteren hätte ich auch Geschichte und insbesondere deutsche Geschichte unterrichten können. Mehr noch war vorgesehen, dass ich mich auch an den SchulAGs und deren Aufführungen zum Ende des Schuljahres teilnehmen kann und dass ich bei extracurricularen Aktivitäten wie Ausflüge und Exkursionen mitgestalte und mitmache. Leider kam durch die oben beschriebene Situation alles anders und wir waren gezwungen, das Beste aus der unglücklichen Situation zu machen. Der Fokus meiner Tätigkeit lag auf dem Sprechen. Trotz meiner Abwesenheit sollten die Schüler*innen so gut es ging von mir als muttersprachlicher Gesprächspartnerin profitieren. Leider ließ es das WLAN der Schule nicht zu, dass ich in den Stunden „anwesend“ war. Somit blieb nur die Möglichkeit, den Schüler*innen extracurriculare Angebote zu machen. 

Somit habe ich von Anfang des Praktikums an, die Schüler*innen kennengelernt, die Deutsch in ihren A-Levels angewählt hatten. Mit diesen Schüler*innen habe ich in 2er Gruppen jede Woche eine Onlinestunde gehalten. In diesen Stunden konnten die Schüler*innen mir ihre selbstgewählten Prüfungsthemen vorstellen, sich gegenseitig verbessern und von mir Feedback erhalten. Des Weiteren konnte ich mit ihnen den anderen prüfungsrelevanten Stoff wiederholen und bei Bedarf auch noch Wiederholungen der Grammatik mit einfließen lassen. Mit dem Kurs der 11. Klasse bin ich genauso verfahren, wobei hier der Fokus noch mehr auf den acht großen Themen lag, die in der A-Level Prüfung abgefragt werden können. Für diese beiden Kurse war die Teilnahme verpflichtend. Im Juni kamen dann noch die interessierten Schüler*innen der 10. Klassen hinzu. Diese hatten den größten Corona Nachteil, da sie erst in der 8. Klasse Deutsch anwählen konnten, dann ein Jahr Unterricht hatten und das zweite Jahr praktisch gar keinen oder nur online Deutschunterricht hatten. In allen Klassen habe ich neben Grammatik und Vokabular auch eine Art der Landeskunde einfließen lassen. 

 

RELEVANZ FÜR DEN STUDIENGANG & BERUF:

Das Praktikum hatte trotz aller Einschränkungen eine hohe Relevanz für meine Zukunft als Lehrkraft. Zunächst hat es mir noch vor dem Referendariat die Möglichkeit geboten, Praxiserfahrung zu sammeln, indem ich über einen längeren Zeitraum in einer Schule tätig werden konnte. So konnte ich zum einen die Schüler*innen besser kennenlernen und meinen Unterricht an sie anpassen. Auch mit den Einschränkungen musste ich Unterricht planen, Materialien erstellen und kleinere Einheiten entwerfen, die nicht nur zum Deutschunterricht der einzelnen Gruppen passten, sondern es den Gruppen ermöglichte, Fortschritte im Bereich des Sprechens in einer Fremdsprache zu machen. Darüber hinaus ist es im Rahmen des Studiengangs Master of Education an der Universität Göttingen mit einer Fremdsprache als eines der Unterrichtsfächer verpflichtend, einen mindestens dreimonatigen Auslandaufenthalt zu absolvieren Des Weiteren konnte ich Methoden, die ich im Studium kennengelernt habe, testen und sie mit mir neuen Ansätzen kombinieren.

Durch die Arbeit mit englischen Schüler*innen und Lehrkräften wurde ebenfalls meine interkulturelle Kompetenz geschult. Dies ist enorm wichtig, da die Vermittlung interkultureller Kompetenzen ein entscheidendes Ziel des deutschen Fremdsprachenunterrichts ist. Da ich mit Schüler*innen zu tun hatte, die Deutsch als Fremdsprache lernen, konnte ich einen höheren Grad an Reflexion in und über meine Muttersprache erhalten, was es mir in der Zukunft ermöglichen wird, sprachliche Schwierigkeiten besser bei meinen Schüler*innen zu erkennen und zu vermindern. Ebenso denke ich, dass ich generell einiges in Bezug auf das Unterrichtsfach Deutsch als Fremdsprache aus dem Praktikum mitgenommen habe. Alles in allem hat das Praktikum mich trotz der Einschränkung in der Durchführung sowohl in meiner persönlichen als auch in meiner beruflichen Kompetenz maßgeblich beeinflusst und gefördert 

Da ich mich erst nach dem 01.01.2021 erkundigen konnte, ob ich nach dem BREXIT ein Visum benötige, war die Vorbereitungszeit von Anfang an sehr knapp. Leider gab es bis Ende Januar keine klaren Informationen diesbezüglich und erst Mitte Februar konnte ich mit dem Antrag beginnen. Leider habe ich bis Mitte April leider keine Rückmeldung zu meinem CoS bekommen, ohne das ich kein Visum beantragen konnte. Da es mit sehr hohen zusätzlichen Kosten verbunden war, habe ich dann meine Bemühungen um ein Visum in Absprache mit der Schule, der Universität und Erasmus abgebrochen. 

Die Online Lösung hat mir jedoch ermöglicht, neben dem Praktikum noch einige Kurse an der Universität zu belegen, wodurch sich die Studienverzögerung nicht ergeben hat, die ich anderweitig gehabt hätte. Durch die Vorbereitungstreffen und die wöchentlichen Treffen mit meinem Mentor fühlte ich mich den Umständen entsprechend gut sozial integriert. Ich plane, zwischen Abgabe meiner Masterarbeit und Start ins Referendariat im nächsten Jahr, die Schule zu besuchen.