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Achtsamkeit fördert Arbeitsgedächtnis

Achtsamkeit fördert Arbeitsgedächtnis

© Pixabay

Studie zeigt Auswirkungen von gezieltem Training auf menschliche Intelligenz

Schon 30 Minuten täglich reichen aus: Wird die menschliche Aufmerksamkeit in dieser Zeit mit gezielten mentalen Achtsamkeitsübungen gefördert, lässt sich die Arbeitsgedächtnisleistung deutlich steigern. Dies hat eine Studie von Prof. Dr. Anne Böckler-Raettig, Institut für Psychologie an der Leibniz Universität Hannover (LUH) und Prof. Dr. Tania Singer, Social Neuroscience Lab der Max-Planck-Gesellschaft, ergeben. Die Studie ist Teil des groß angelegten Projektes ReSource, einer neunmonatigen Längsschnittstudie am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig unter Leitung von Prof. Dr. Tania Singer.

In den vergangenen Jahren ist das Interesse an den Auswirkungen von Meditationstraining stetig gestiegen. ReSource ist die erste groß angelegte Untersuchung, die sich mit dem Thema befasst. Mehr als 300 Personen haben an der neunmonatigen Längsschnittstudie teilgenommen. Untersucht wurde der Einfluss dreier spezifischer und intensiver mentaler Trainingsmodule auf unterschiedliche Facetten des menschlichen Erlebens und Verhaltens: ein Präsenzmodul zur Förderung von Aufmerksamkeit und Achtsamkeit, ein Affekt-Modul zur Kultivierung positiver Emotionen wie Dankbarkeit und Mitgefühl, aber auch den Umgang mit schwierigen Emotionen sowie ein Perspektiven-Modul, mit dem unterschiedliche Blickwinkel auf sich selbst und andere trainiert wurden.

Prof. Dr. Anne Böckler-Raettig hat für ihren Teil des Projekts den Fokus auf die Effekte gelegt, die diese mentalen Trainingsmodule auf grundlegende kognitive Prozesse der menschlichen Aufmerksamkeit und Intelligenz haben. Dabei zeigte sich, dass das Präsenzmodul, in dem über tägliche Achtsamkeitsübungen jeweils eine halbe Stunde die Körperwahrnehmung oder die Aufmerksamkeit trainiert wurden, die Arbeitsgedächtnisleistung bereits nach drei Monaten signifikant steigern konnte. Der Effekt war umso stärker, je häufiger die Probanden die Achtsamkeitsmeditationen durchführten. Insbesondere die sogenannten Body Scans, bei denen die Aufmerksamkeit schrittweise auf alle Bereiche des Körpers gerichtet wird, wirkten sich positiv aus. Die Wahrnehmungsgenauigkeit, die Antwort-Inhibition, das heißt, die Fähigkeit, automatische Antworten zu kontrollieren, und die Metakognition, also die richtige Einschätzung eigener Wahrnehmungsleistungen, konnten hingegen nicht verbessert werden.

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen erstmals, welche mentalen Trainingsübungen innerhalb der oft breit und wenig differenzierten Begriffswelt von Meditation und Achtsamkeit sich konkret auf kognitive Fertigkeiten auswirken und welche nicht. Bereits durch einfache, kurze und gut in den Alltag integrierbare mentale Übungen kann die Arbeitsgedächtnisleistung und damit die Lern- und Denkfähigkeit merklich verbessert werden. "Das könnte sich künftig nachhaltig auf die Lebensqualität auswirken, denn das Arbeitsgedächtnis ist mit der Schulleistung, dem Berufserfolg und auch der Lebenszufriedenheit verbunden." sagt Prof. Böckler-Raettig.

Die Ergebnisse sind jüngst im "Journal of Experimental Psychology: General" veröffentlicht worden:

https://psycnet.apa.org/record/2022-03799-001