Flugversuche sind erfolgreich

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Forscher bauen Otto Lilienthals Normalsegelapparat nach

Er hat den Traum vom Fliegen wahr werden lassen: Otto Lilienthal gilt als der bedeutendste Pionier der Luftfahrt des 19. Jahrhunderts. Vor mehr als 125 Jahren gelangen ihm erstmals Gleitflüge mit vom ihm entwickelten Flugzeugen, vor allem mit dem sogenannten Normalsegelapparat. Den Ingenieuren Markus Raffel, Professor des Instituts für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik (TFD) der Leibniz Universität Hannover, und Felix Wienke konnten mit viel privatem Engagement nun nachweisen, dass Flüge bis zu 100 Metern Länge problemlos möglich sind. Anlass für die Untersuchung gab die Doktorarbeit von Felix Wienke über die Aerodynamik luftdurchlässiger Flügel, die unter Betreuung von Prof. Raffel entsteht.

Dafür haben die Maschinenbauingenieure anhand der Konstruktionszeichnungen von Otto Lilienthal das Fluggerät originalgetreu nachgebaut und in Flugversuchen erprobt. Unterstützung dafür gab es von weiteren Flugenthusiasten und seitens des Otto-Lilienthal-Museums in Anklam, dessen Beschäftige das Wissen über Material und Verbindungstechnik beigesteuert haben.

Bereits im Jahr 2016 hatten Mitarbeiter des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt in Göttingen die Flugstabilität des Normalsegelapparates anlässlich des 125. Jubiläums des Menschenfluges bewiesen. Mit den aktuellen Untersuchungen, die in die Phasen Festigkeitsuntersuchungen, Fesselflüge, Flüge an der Seilwinde und Freiflüge unterteilt waren, haben die Flugenthusiasten nun den fliegerischen Nachweis erbracht, dass Lilienthal ein Flugzeug erschaffen und geflogen hat, das um alle drei Achsen stabil ist und sicher hangabwärts gesteuert werden kann.

Bei den Flugversuchen konnte jetzt gezeigt werden, dass Flüge zwischen 50 und 100 Metern Länge in geringer Höhe gefahrlos möglich sind. Dabei sei der Gleiter nach einiger Übung leicht auf Kurs zu halten und einfach zu landen, berichtet Markus Raffel. Von höheren Flügen, unruhigem Wetter und Kurvenflügen rät er allerdings ab. Für solche Flüge war der Apparat seinerzeit auch nicht entworfen worden.

Das Patent auf den Normalsegelapparat hatte Otto Lilienthal 1893 erhalten. Viele hundert Male flog der Erfinder mit dem Gerät selbst hangabwärts und verkaufte es unter anderem nach Moskau, Dublin, Wien und New York. Mehr als 100 Fotografien zeigen Otto Lilienthal in der Luft. Die Bilder lösten eine epochale Wende aus und regten Erfinder in der ganzen Welt an, sich eingehend mit dem Thema Fliegen auseinander zu setzen.

Nach Otto Lilienthals tödlichem Flugunfall im Jahr 1896 wurde der Normalsegelapparat allerdings nur noch selten geflogen. Aufnahmen von erfolgreichen späteren Flügen existieren nicht. Vielmehr wurde lange Zeit angenommen, dass das Gerät nicht gut steuerbar und flugmechanisch nicht hinreichend stabil gewesen sei. Die Arbeiten Lilienthals waren Grundlage für den ersten Motorflug der Gebrüder Wright in den USA und für das Wirken von anderen Luftfahrtpionieren.

 

Hinweis an die Redaktion:

Für weitere Informationen steht Ihnen Prof. Dr. Markus Raffel, Institut für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik der Leibniz Universität Hannover, unter Telefon +49 551 709 2817 oder per E-Mail unter raffel@tfd.uni-hannover.de gern zur Verfügung.