DZHW-LCSS-Forschungskolloquium

Abstract

Zahlreiche empirische Studien zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Studienfachwahl und der sozialen Herkunft sowie dem Geschlecht von Studienberechtigten. Insbesondere sehr prestigereiche Fächer unterliegen starken (sozialen) Selektionsprozessen. Allen voran Medizin: Um Zugang zum Medizinstudium zu erhalten und damit die Chance zu bekommen, in einem der angesehensten und beliebtesten Berufe zu arbeiten, müssen hohe Zulassungshürden überwunden werden: Sehr gute Schulnoten oder ein sehr langer Zeithorizont sind Voraussetzung für einen positiven Bewerbungsausgang. Gleichzeitig zeichnet sich das Studienfach Medizin durch die stärkste Überrepräsentation von Akademikerkindern und deutliche Berufsvererbung aus.

In zwei Projekten ergründen wir Ursachen und Konsequenzen dieser starken sozialen Selektion. Zum einen betrachten wir die Rolle von Auswahlverfahren und -kriterien und damit einen für den deutschen Kontext bisher kaum untersuchten Mechanismus. Basierend auf Bewerbungsregisterdaten der Jahre 2012-2018 der Stiftung für Hochschulzulassung sowie einem Onlinepanel der 2018er Bewerber*innenkohorte untersuchen wir, ob und warum Auswahlverfahren im Zusammenspiel mit individuellen Leistungscharakteristika und Bewerbungsstrategien zu Herkunfts- und Geschlechterunterschieden beim Zugang zum Medizinstudium beitragen. Zum anderen untersuchen wir, welche Auswirkungen Erfolg und Misserfolg bei der Studienplatzvergabe auf Ungleichheitsvorstellungen haben: Stärkt etwa eine Zulassung den Glauben an meritokratische Allokation und führt auch unter sozial benachteiligten Bewerber*innen dazu, dass strukturelle Barrieren eher ausgeblendet werden?

Der Vortrag soll einen Überblick über beide Projekte geben: unsere Fragestellungen und theoretischen Erwartungen zusammenfassen, Datenbasis und Design vorstellen und erste empirische Befunde diskutieren.