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Die Nebenwirkungen von süßen Belohnungen

Die Nebenwirkungen von süßen Belohnungen

© Foto: Anna Prosekova/Pixabay
Süße Lebensmittel werden häufig als Belohnung für wünschenswertes Verhalten verwendet, insbesondere bei Kindern.

Internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Leibniz Universität Hannover hat untersucht, wie Kinder Süßigkeiten zu schätzen lernen – Veröffentlichung in PLOS ONE

Wer ein Kind mit süßen Leckerbissen belohnt, trägt dazu bei, dass es Süßigkeiten stärker zu schätzen lernt - und vielleicht übergewichtig wird. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Team, an dem Prof. Dr. Marina Schröder vom Institut für Wirtschaftspolitik der Leibniz Universität Hannover beteiligt ist. Die Forscherinnen und Forscher untersuchten in zwei experimentellen Studien, wie sich die Verwendung von Lebensmitteln als Belohnung auf deren Bewertung auswirkt. "Unsere Untersuchung ist nach unseren Erkenntnissen die erste, die kausale Evidenz dafür liefert, dass die Belohnung mit Lebensmitteln dazu führt, dass diese lieber gegessen werden", sagt Schröder.

Die Ergebnisse sind in der multidisziplinären Online-Fachzeitschrift PLOS ONE publiziert. Autorinnen und Autoren sind neben Marina Schröder von der Leibniz Universität Hannover Jan M. Bauer (Copenhagen Business School, Dänemark), Martina Vecchi (Pennsylvania State University, USA), Tina Bake und Suzanne L. Dickson (beide University of Gothenburg, Schweden) und Michèle Belot (Cornell University, USA). Die Forschung wurde von der Europäischen Union im siebten Forschungsrahmenprogramm gefördert.

Untersuchungen mit Grundschülern

Für die erste Studie, an der Schröder mitgewirkt hat, arbeiteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit 214 sechs- bis achtjährigen Kindern an drei Kölner Grundschulen. Diese teilten sie in drei Gruppen: zwei Untersuchungs- und eine Kontrollgruppe. Während die Kontrollgruppe süße getrocknete Apfelscheiben erhielt, ohne dafür etwas leisten zu müssen, sollten die Kinder in den Untersuchungsgruppen Matheaufgaben lösen - je nach Gruppe mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Parallel dazu maßen die Forscherinnen und Forscher vor dem Start der Untersuchung, direkt nach der vierwöchigen Testphase und nochmals vier Wochen später wie die Kinder die getrockneten Äpfel bewerteten.

Ergebnis: Die Kinder, die den getrockneten Apfel als Belohnung bekamen, mochten ihn signifikant lieber als diejenigen, die ihn bedingungslos erhielten. Dabei gab es kaum Unterschiede zwischen den Gruppen, die leichtere oder schwerere Aufgaben lösen mussten. "Das deutet darauf hin, dass der Arbeitsaufwand, der erforderlich ist, um die Belohnung zu erhalten, nicht hinter der höheren Bewertung steckt", sagt Schröder. Ein wahrscheinlicherer Treiber sei die Assoziation des getrockneten Apfels mit der positiven Erfahrung, belohnt zu werden. "Wir finden zudem - im Einklang mit vorheriger Forschung zu Lebensmittelpräferenzen - Evidenz dafür, dass wiederholtes Probieren dazu führt, dass die Kinder den getrockneten Apfel lieber mögen", fügt Schröder hinzu. Das Studiendesign wurde von der Ethikkommission der University of Edinburgh geprüft und freigegeben.

Nachweis im Versuch mit Nagetieren

Für die zweite Studie arbeiteten Neurobiologinnen und -biologen aus Schweden mit Nagetieren. Sie kamen zum selben Ergebnis: Auch Ratten schätzen süßes Futter - konkret Zuckerpellets - mehr, wenn sie Aufwand betreiben mussten, um es zu erhalten. Die Tierstudie betrachtete noch einen weiteren Aspekt: Die bessere Bewertung eines süßen Futters führte bei den Ratten zu einer erhöhten Kalorienaufnahme innerhalb von 24 Stunden. Die Forscherinnen und Forscher weisen darauf hin, dass das Verhalten der Ratten nicht unbedingt auf den Menschen übertragen werden kann und dass ihre Ergebnisse in Schulen möglicherweise nicht für Haushalte oder verschiedene Altersgruppen gelten. Aber: "Die kombinierten Studien legen nahe, dass die übliche Praxis, Kinder mit kalorienreichen süßen Lebensmitteln zu belohnen, ein Faktor ist, der zu ungesunden Essgewohnheiten führen kann", sagt Schröder und empfiehlt deshalb: "Überlegen Sie zweimal, womit Sie Ihre Kinder belohnen. Es müssen nicht immer ungesunde Lebensmittel sein."

Originalbeitrag

Bauer JM, Schröder M, Vecchi M, Bake T, Dickson SL, Belot M (2021) Rewarding behavior with a sweet food strengthens its valuation. PLoS ONE 16(4): e0242461. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0242461

Kontakt: Prof. Dr. Marina Schröder, Institut für Wirtschaftspolitik, Telefon 0511 762-5874, E-Mail schroeder@wipol.uni-hannover.de