Freiheit und Leibniz

© Sören Pinsdorf / LUH
Gliederpuppe an Fäden hängend, Sinnbild für das Menschenbild im 17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert herrschte die Auffassung, der Mensch folge in seinen Handlungen der göttlichen Bestimmung und seine Zukunft sei vorbestimmt. Leibniz sah in der Schöpfung aber ein Entwicklungspotenzial. Gott habe den Menschen die Fähigkeit zum Abwägen gegeben – und den freien Willen.

Freiheit, so Leibniz, beruhe auf der autonomen vernünftigen Ausrichtung auf das Beste. Frei könne darum nur ein mit Vernunft ausgestattetes Wesen sein, das reflektieren und zwischen dem Guten und Schlechten unterscheiden könne.

Wie kann der Mensch einen freien Willen haben, wenn Gott alles vorherbestimmt hat?

Leibniz zu lesen ist manchmal abenteuerlich, ist er doch immer auf dem Sprung zu Noch-Ungedachtem. Die kleine Schrift „Über die Freiheit“ hat es in sich. En passant entwirft er kühn seine Theorie, die schließlich in einem ganzen metaphysischen System („Système nouveau“) mündet. „Wenn Gott rechnet und seine Gedanken ausführt, entsteht die Welt“, so Leibniz. Der Gott der Leibnizzeit war eine Art Uhrmacher des Universums. Alles hatte er so perfekt eingerichtet, dass keinerlei Eingriffe von oben mehr nötig waren. Allerdings, dies ist mit einer Vorstellung vom freien Willen nur schwer zu vereinbaren. Wenn determiniert ist, was ich tue, dann scheint es unmöglich, dass ich irgendetwas anderes tue – und damit existiert auch kein freier Wille. Natürlich rief dieses Problem Leibniz auf den Plan. Das Innesein aller Prädikate in einem Subjekt, so Leibniz, spiegele, dass eine Substanz immer schon alle ihre Zustände als notwendige Folge eines ursprünglichen Zustandes in sich trage. Begriffslogik, Geometrie oder Mathematik – alles ist universellen Regeln unterworfen: „Nichts geschieht ohne einen Grund“. In diesem Sinne ist auch jede Handlung eines Individuums durch eine Kette von Ursachen bestimmt, aber dennoch kann es freie Entscheidungen treffen. Denn der gelebte Moment, der alle Ursachen und Wirkungen voraussetzt, ist bereits der, den Gott wirklich gemacht hat. Denn Gott überschaut alle vorherigen und zukünftigen Ereignisse. Dabei hat er aber nur diese Welt in die Existenz gesetzt. Alle anderen möglichen Entscheidungen gehören zu anderen möglichen Welten. Im leibniz’schen Multiversum der Möglichkeiten leben wir in der einzigen von Gott zur Existenz gebrachten Welt, die einen freien Willen ermöglicht und eben: die beste aller möglichen Welten ist. Der Wille eines Menschen beinhaltet nach Leibniz grundsätzlich etwas, was zum Guten strebt. So hat es Gott angelegt. Aber: Die Qualität des Wollens hängt von der Fähigkeit des Verstandes ab!

Foto des Originalmanuskripts "De libertate" von Gottfried Wilhelm Leibniz Foto des Originalmanuskripts "De libertate" von Gottfried Wilhelm Leibniz Foto des Originalmanuskripts "De libertate" von Gottfried Wilhelm Leibniz © Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, LH 1, 6, 2, Bl. 1r.
Gottfried Wilhelm Leibniz: „De libertate“ (Beginn auf der rechten Seite), Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, LH 1, 6, 2, Bl. 1r.

Über die Freiheit
(deutsche Übersetzung)

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De libertate (erster Abschnitt des lateinischen Originaltextes)

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Gottfried Wilhelm Leibniz ist Namenspatron der Universität Hannover. Die Ideen des Universalgelehrten geben allen Fakultäten eine Verbindung mit- und untereinander. Leibniz‘ Leben und Werk mit Bezug zur Gegenwart und zur aktuellen Forschung an der LUH ist ein Schwerpunkt der Wissenschaftskommunikation des Referats für Kommunikation und Marketing.

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