Die Radikalisierung der Studentenschaft

Bild: Korpsstudenten verfolgen Theodor Lessing in den Georgengarten |1926 Bild: Korpsstudenten verfolgen Theodor Lessing in den Georgengarten |1926 Bild: Korpsstudenten verfolgen Theodor Lessing in den Georgengarten |1926
Korpsstudenten verfolgen Theodor Lessing in den Georgengarten |1926

Seit Mitte der 1920er Jahre zeichnete sich eine zunehmende Radikalisierung der hannoverschen Studentenschaft ab, die sich von völkisch-nationalistischen Ideen leiten ließ und die in dem zu trauriger Berühmtheit gelangten „Fall Lessing“ kulminierte.

Seit 1908 hielt der jüdische Privatdozent für Philosophie, Theodor Lessing, Veranstaltungen im Bereich der Allgemeinen Wissenschaften ab.

Mit der Hochschulreform wurde er 1922 nichtbeamteter, außerordentlicher Professor und erhielt einen Lehrauftrag für Philosophie und Naturwissenschaften. Infolge seiner Berichterstattung im Haarmann-Prozess und seines Hindenburgartikels, in dem er vor den möglichen politischen Folgen einer Wahl Hindenburgs zum Reichskanzler gewarnt hatte, wurden seine Vorlesungen von den Studierenden der Technischen Hochschule, die überwiegend zum rechtskonservativen und nationalistischen Spektrum gehörten, seit 1925 massiv bestreikt. Das Kultusministerium sah sich unter dem Druck der Öffentlichkeit gezwungen einzugreifen. Gegen die Studierenden wurden disziplinarische Maßnahmen eingeleitet. Lessing stellte am 18. Juni 1926 seine Vorlesungstätigkeit ein und erhielt stattdessen einen ständigen Forschungsauftrag auf dem Gebiet der Geschichts- und Kulturphilosophie. Nach dem Regierungsantritt der Nationalsozialisten wurde sein Forschungsauftrag zurückgezogen.

Am 31.8.1933 wurde Theodor Lessing im Exil in Marienbad von Nationalsozialisten ermordet.

Bei den Kammerwahlen der Deutschen Studentenschaft an der Technischen Hochschule Hannover im Jahr 1929/1930, bei welchen 75 % der Studierenden ihre Stimme abgaben, erreichte die Korporationsliste mit 88,9 % die Mehrheit. Die Liste der Wissenschaftler, der Zusammenschluss der nichtkorporierten Studierenden, erhielt 5,4 %. Die Liste der Nationalsozialistischen Studierenden kam auf 5,8 %. 1930 erhielten die Nationalsozialistischen Studierenden 11,8 %. Im Wintersemester 1932/1933 waren an der TH Hannover 70 Studierende im NS-Studentenbund organisiert, was 3,7 % aller Studierenden entsprach. Nach dem Regierungsantritt der Nationalsozialisten trat bis zum Juli 1933 nahezu die Hälfte der Studierenden in den NS-Studentenbund ein.

 

<< zur Übersicht | zur nächsten Seite >>